HOLSTEINISCHER COURIER
Demothek:
Das musikalische Gedächtnis der Stadt
23. Februar 2011 Von Jens Bluhm
Gute Ideen werden mitunter aus der Not heraus geboren: Weil der angespannte Haushalt der Stadt eigene Konzertangebote der Bücherei künftig eher zur Ausnahme machen dürfte, wollen Musikbücherei und Jazzclub ihre Zusammenarbeit ausweiten. Zum ersten Mal wird die Stadtbücherei am nächsten Freitag Schauplatz für ein Konzert des Jazzclubs (siehe Bericht auf dieser Seite).
Kommt das Experiment beim Zuhörer an, soll es nicht einmalig bleiben. Ein weiteres Konzert im Herbst ist bereist angedacht, freut sich Andreas Dreibrodt, Leiter der Musikbücherei, über die Kooperation. Allerdings: schwungvollen Dixie oder Oldtime-Jazz, zu dem gern mal ein Glas Bier gehört, wird es in der Bücherei nicht geben: Dreibrodt hofft eher auf “die ruhigen Sachen”, mit denen der Jazzclub seit einiger Zeit durchaus ankommt.
Die Zusammenarbeit ist nicht neu: Bereits seit mehreren Jahren unterstützen die Jazzer die Bücherei mit Notenspenden, von denen etwa die Big Bands an Neumünsters Schulen profitieren.
Auch wer sich auf ein Konzert des Jazzclubs einstimmen oder nach dem Konzert mehr hören möchte, ist in der Musikbücherei oft an der richtigen Adresse. Regelmäßig versorgt der Club die Bibliothek mit CDs von Bands, die in Neumünster auftreten. Im Laufe der Jahre ist daraus eine kleine Jazz-Sammlung geworden, die das Spektrum der Jazz-Szene in Neumünster widerspiegelt.
Was viele nicht wissen: Schon 1994 begann die Musikbücherei, damals noch mit Unterstützung des Beat-Clubs, eine heimische “Demothek” aufzubauen. Neumünsters Jazz-, Rock-, Pop- oder andere Bands konnten hier ihre “Demobänder” oder selbst eingespielten CDs (früher Musikkassetten) einreichen und hatten damit einen potenziellen “Auftrittsvermittler” mehr. Die Musikbücherei ergänzte und bereicherte im Gegenzug ihre Übersicht über die Neumünsteraner Musikszene. Ein musikalisches Gedächtnis der Stadt entstand, in dem auch Namen von Musikern und Bands haften blieben, die es heute so nicht mehr gibt.
Leider mangelte es der guten Idee an Konstanz – vor allem im populären Bereich: Seit der Beat-Club 1994 sanft entschlafen ist, fehlt der Bücherei ein kompetenter Partner, der sie auf dem Laufenden hält, was in Neumünsters Musikszene läuft – und sie natürlich auch mit Hörproben versorgt.
“Es wäre schön, wenn man das wiederbeleben könnte”, wünscht sich Dreibrodt einen neuen Partner. Solange es den nicht gibt, richtet sich sein Angebot direkt an die Musikschaffenden: Jede Band und jeder Liedermacher kann sich in die Demothek eintragen lassen – und damit Bestandteil des musikalischen Gedächtnisses der Stadt werden.